Tigermilch und gelbe Chili

(für die Zeitungen der Funke Mediengruppe) Die Küche Perus vereint viele Farben und Aromen. Am bekanntesten ist Ceviche. Das raffinierte Fischgericht ist die Leibspeise vieler Südamerikaner – und inzwischen auch in Deutschland angekommen.

Rinderherzen am Spieß, gelbe Chilisauce, frittierter Maniok und Süßkartoffel-Donuts: Die Speisekarte von Lima’s Restobar in Düsseldorf klingt exotisch und doch irgendwie vertraut. „Peruanisch essen gehen ist wie eine Entdeckungsreise durch vier Kontinente“, sagt Besitzerin Mónica Segovia, was auch mit der Geschichte des Vielvölkerstaats an der südamerikanischen Westküste zusammenhängt.

Fusion-Küche mit vielen Einflüssen

„Neben der indigenen Küche und den spanischen Kolonialherren haben auch afrikanische, chinesische, japanische, italienische, französische und englische Einwanderer Perus Kulinarik geprägt“, sagt Segovia. „Wir sautieren Rindfleisch wie die Chinesen, aber richten es kreolisch an, mit Tomaten, Zwiebeln und Koriander. Wir bereiten Süßkartoffeln und Kürbis auf die Art und Weise zu, die die Spanier damals mitgebracht haben – in heißem Fett frittiert“, sagt die gebürtige Peruanerin, die zusammen mit ihrem Mann vor zwei Jahren ihr Restaurant für authentische peruanische Küche in Düsseldorf eröffnet hat.

Seit einigen Jahren erfährt die junge „novo-andine cuisine“ international Aufmerksamkeit. Die Landesküche profitiert von der Vielfalt der Lebensmittel, die in den unterschiedlichen Klimazonen gedeihen: Fisch und Meeresfrüchte vom Pazifik, Mais, Maniok und Kürbis aus dem Hochland, Kaktusfrüchte und Ananas aus dem Amazonas-Gebiet. Und vom Selbstbewusstsein junger peruanischer Spitzenköche wie Virgilio Martínez, der traditionelle Familienrezepte mit modernen Techniken vereint; sein „Central“ in Lima wird seit Jahren unter die zehn besten Restaurants der Welt gewählt.

Hierzulande ist die peruanische Küche immer noch zu unbekannt, findet Jana Daedelow. Sie hat vor sechs Jahren in Berlin die erste Cevichería Deutschlands gegründet. „Als ich das erste Mal Ceviche gegessen habe, war das ein erleuchtender Moment“, sagt Daedelow, die einige Zeit in Südamerika gearbeitet hat. „Es gab ein Davor und ein Danach.“

Die volle Eiweißbombe

Ceviche ist so etwas wie Perus kulinarisches Aushängeschild: roher, in Stücke geschnittener Fisch, für kurze Zeit in Limettensaft mariniert und mit roten Zwiebeln, Koriander und Chilis angerichtet. Die Säure der Zitrusfrüchte lässt das Eiweiß im Fisch stocken, ein Prozess, der Denaturieren genannt wird und gar nicht so weit vom Garen entfernt ist. „Ceviche ist leicht, gesund – und die volle Eiweißbombe“, schwärmt Daedelow. „Es hebt dich auf ein anderes Energielevel.“ Traditionell kommt der Fischsalat mit Süßkartoffeln und Mais auf den Tisch – und oft mit einer Sauce, der sogenannten Tigermilch, die unter anderem aus der Ceviche-Marinade, Chilis und püriertem Fisch besteht. Dazu passt Pisco, das peruanische Nationalgetränk, ein Destillat aus dem Most von Trauben – den Früchten, die einst die Spanier ins Land brachten.

Noch mehr (Kulinarisches) aus Peru

Peru ist Heimat der Kartoffel, mehr als 3000 Sorten gibt es hier, rote, blaue, violette, süße. Viele davon gedeihen nur in den Anden. Die „papa“, wie die Knolle bei den Peruanern heißt, fehlt in kaum einem Gericht. Von Peru aus brachten die Spanier sie im 16. Jahrhundert nach Europa, wo sie bis dato unbekannt war.

Mais ist eines der Grundnahrungsmittel der Peruaner und wird seit Tausenden Jahren angebaut: Auch hier beeindruckt die Vielfalt der Sorten, sehr hübsch sieht der lilafarbene „Maíz morado“ aus, aus dem eine Art Limonade, die „Chicha morada“ gebraut wird.

Quinoa: Die sogenannte Andenhirse wird seit 5000 Jahren kultiviert, galt bei den spanischen Kolonialherren aber als Arme-Leute-Essen, weswegen sie erst relativ spät bei uns bekannt wurde. Sie gilt heute aufgrund der Nährstoffe und des hohen Eiweißgehaltes als Superfood.

Auch die Meerschweinchen haben den Weg von Peru nach Europa geschafft. In ihrer Heimat werden sie jedoch nicht als Streichel-, sondern als Masttiere gehalten und gegessen. Das Fleisch der „cuys“, wie sie in Südamerika heißen, ähnelt vom Geschmack her Kaninchen. Für die Inkas hatten Meerschweinchen auch kultische Bedeutung, sie wurden den Göttern geopfert und zur Heilung von Kranken eingesetzt.

Der Text erschien am 18. Juli in der WAZ und am 20. Juli in der Thüringer Allgemeinen.

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