Angeblich fördern Haustiere die kindliche Entwicklung. Stimmt das?
Ja. Kinder, die sich um Haustiere kümmern, lernen Verantwortungsbewusstsein, außerdem Soft Skills wie Teamfähigkeit und Kommunikation.
Ab welchem Alter sind Kinder reif für ein Haustier?
Ab sechs Jahren können Kinder langsam mit in die Verantwortung für das Tier einbezogen werden. Es hängt natürlich auch von Tierart und Rasse ab. Eine deutsche Dogge kann ein siebenjähriger noch nicht halten. Katzen schlagen wir erst ab einem Alter von zehn Jahren vor, weil sie sehr eigenwillig und eigenständig sind. Bei kleineren Tieren oder Fischen ist das Einstiegsalter acht oder neun Jahre.
Von welchen Tieren raten Sie grundsätzlich ab?
Von Exoten, also Bartagamen, Leguanen oder Schlangen. Deren Haltung ist teilweise sehr anspruchsvoll. Auch von Schildkröten raten wir ab, sie können bis zu 80 Jahre alt werden und brauchen ihren Winterschlaf. Das wissen viele Familien nicht.
Landen denn viele Exoten im Tierheim?
Ja, Tropen- und Wüstentiere sind gerade im Trend. Ein exotisches Tier wertet auf, man fühlt sich beachtet, nach dem Motto, ‚hey, ich bin wer, ich habe einen Leguan‘. Das selbe Phänomen beobachten wir übrigens oft auch bei den Haltern von Kampfhunden.
Was kommt auf die Eltern zu?
Eltern tragen die Hauptverantwortung, auch dann, wenn die Kinder ausgezogen sind oder zum Studieren aus dem Haus gehen. Das sollte man insbesondere bei der Anschaffung von Hunden oder Katzen berücksichtigen, die sehr alt werden. Ein Haustier ist immer eine Familienentscheidung.
Was wird bei der Haltung oft falsch gemacht?
Viele Halter berücksichtigen die Bedürfnisse ihrer Tiere nicht. Katzen zum Beispiel brauchen Kratzbäume, sonst schärfen sie ihre Krallen am Teppich oder an den Möbeln. Hunde sind Rudeltiere. Die kann man nicht den ganzen Tag alleine lassen. Dann bellen sie oder nehmen die Wohnung auseinander. Kleintiere wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Mäuse sind Gruppentiere, die müssen mindestens zu zweit gehalten werden.
Wo kaufe ich Haustiere?
Das Tierheim ist immer eine gute Anlaufstelle. Ansonsten Kaninchen oder Meerschweinchen bitte in der Zoohandlung und nicht im Baumarkt erwerben. Rassekatzen oder -hunde gibt es nur beim Züchter. Auf keinen Fall Hundewelpen vom Polenmarkt kaufen, viele tragen wegen der nicht artgerechten Haltung Krankheiten in sich, etwa die gefährliche Parvovirose.
Was halten Sie davon, wenn deutsche Urlauber Straßenhunde aus Südeuropa adoptieren?
Wir werden das Problem nicht lösen, wenn wir die Tiere nach Deutschland holen. Das Tierheim Berlin unterstützt ein Projekt auf der Halbinsel Bodrum, wo in Zusammenarbeit mit türkischen Tierschützern ein Tierheim aufgebaut wird. Das halte ich für den richtigen Weg.
Die Tierliebe hierzulande treibt oft bizarre Blüten. Hunde werden gebadet, mit Delikatesshäppchen gefüttert und mit Designer-Mäntelchen ausgestattet.
Wenn Tiere nicht mehr Tiere sein dürfen, macht sie das krank. Manche Halter kompensieren damit persönliche Störungen. Wirklich traurig aber ist die Ambivalenz in unserer Tierliebe, das Missverhältnis zwischen dem geliebten Haus- und dem nicht beachteten Nutztier. Wir geben Tausende von Euro für unsere Haustiere aus, sind aber nicht bereit, Tierschutz im Einkaufskorb zu betreiben.
Eine gekürzte Fassung ist am 31.07.2012 auf www.morgenpost.de erschienen.
Foto: Wikimedia Commons, Eva Kröcher.
Respond to „Hey, ich bin wer, ich habe einen Leguan“